Mein neues Projekt: chymische Hochzeit

Chymische Hochzeit

Ein alter Begriff für chemische Hochzeit. In Verbindung mit Alchemie.

Was ich hier zeige, sind Fotos von Pollern in einem in die Ostsee ragenden aufgelassenen DDR Hafen.(Mole in der Wohlenberger Wiek).  Auf den Eisenpollern am Rand befinden sich die farbigen Strukturen, die mich sofort fasziniert haben. Ich habe sie fotografiert, und einige von Ihnen drucken lassen.

Im Moment beschäftige ich mich damit, auch malerisch diesen Strukturen und Vorgängen mich zu nähern. Hier zeige ich ein Experiment, in den chymischen Vorgang noch mehr einzudringen. Ich habe also die Bilder vergrößert und Ausschnitte fotografiert.

Ich habe Texte geschrieben, sie dann  in Gedichtform als Langgedicht gegliedert,  was dem Ganzen noch mal einen fließenden  und poetischeren Charakter gibt.

eins 

Schrundige Farbflächen, leichthöckerig, mit Löchern,

auf ein dunkles darunter verweisend,

abgeplatzte Farbe, die scharfe Ränder hat,

rund und unvorhersehbar, nicht geometrisch,

wie fraktale  Küstenlinien wirkend.

Grüne und weiße, fast moosartige Strukturen,  aus dem gelb auftauchend,

kleinteilig mit winzigen Graben,

Struktur mit grenzen gegen die Fläche

Insel Eindruck mitten in einem gelben Meer.

Großes Rätsel, wie das entstanden sein kann.

Die Gräben sind wahrscheinlich Trocknung risse

Rote Flächen sehen aus wie Marsoberfläche mit dunklen Kratern.

Hier ist nichts glatt,

Farben sind gegeneinander abgesetzt,

gelb gegen grün,

grün gegen weiß,

oder aber sie sind ineinander übergegangen,

gelb in Rot sie bilden fließende Übergangszonen,

die keine klaren Küstenlinien haben.

zwei 

mit den zwei weißen Flecken.

Marsoberfläche mit Kratern und schorfig .

Die Farbe changiert, zwischen hellem gelb rot

und dunkleren Flächen, die bis ins lila gehen.

Weiße Oberflächen wie Lack oder Schimmel,

rund um zwei Löcher herum, wie von oben gesehene Seen

vielleicht Vulkanseen.

Eine schwarze Linie, wie mit Asche, dick

geht quer und Trennt gelbgrün  von der roten Fläche.

Risse und aufgeplatzte Stellen,

aber auch ganz gerade wie mit dem Lineal gezogen Linien.

Spuren in einem, ansonsten sich selbst organisierenden Struktur,

nicht aus den emergenten Vorgängen des Farbgeschehens zu erklären

drei

mit vielen Linien

Schrundig schorfige rissige Oberfläche, aufgeplatzt,

Farbflächen, die weg blättern und untere Flächen freigeben, Linienränder.

Scharf abgegrenzt zur dunklen, unteren Farbe.

Viele ganz gerade Linien, fast wie mit dem Lineal gezogen,

irgendein Werkzeug wie Spachtel oder Meißel oder Spitze,

die mit Gewalt durch die Farbschichten gekratzt sind,

es wird das da drunter liegende gelb frei.

Die Linien sind zum Teil mit glatten Rändern zum Teil mit gerauten  Rändern.

Es gibt auch Linien, die nur im rot sind, 
ohne das darunter liegende gelb aufscheinen zu lassen.

Dazu im Gegensatz die Trocknung Risse, die auch noch ein bisschen aufgeplatzt Struktur haben.

Im Ganzen gibt es einen dunkleren Teil, der wieder leicht mit Schimmel überzogen ist,

und ein mehr hellgelber orangenes Teil.

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Alle drei Beschreibungen beschreiben Topografien, d.h.  Strukturen der Oberfläche. Die (vergrößerten) Bilder sehen aus wie Satellitenansichten von der Erde oder vom  Mars, wie Fotos von Wüste oder Savanne oder eines Vulkangebietes. Im Vergrößern wird eigentlich dieser Makro- Mikroaspekt besonders deutlich: die Welt im Großen lässt sich übertragen auf die Welt im kleinen. Der beobachtende Geist nimmt diese Strukturen als bekannte an, deutet nach Art von Landkarten, wenn es um Sinnhaftes gehen sollte: ach ein See…. eine möglicherweise nur undeutlich sichtbare Autobahn…usw. Die GesamtStruktur ist nicht glatt und schön, sondern eher haptisch krümelig und etwas eklig,  aus Verwitterung und Verfall, aus Schlechtwerden, aus allen Zeichen des Vergänglichen bestehend. Es sind Materialeigenschaften und Prozesse auf der Erde, die ohne die Lebensbedingungen der Erde, ohne ihren Wärme, Sauerstoff, Wasserstoff, CO2 nicht so prozessieren würden. Ich versuche, mich durch Fotografieren und durch Vergrößern und Bearbeiten einerseits der Ästhetik und zum Anderen den Entstehungsprozessen anzunähern, um daraus eine Übertragung ins konkrete Gestalten mit Farben und Materialien (das Malen)  zu finden.